Das Digitale Konsil von Diagnosia bietet ÄrztInnen im klinischen Alltag einen einfachen Weg mit ExpertInnen verschiedenster Fachrichtungen zu chatten, um interessante Fälle zu diskutieren und sich eine Zweitmeinung einzuholen. In den kommenden Monaten werden wir euch bei Diagnosia Insights einige unserer KonsilärztInnen vorstellen und lassen sie ein paar spannende Fragen zu ihrem Fachgebiet beantworten. Dr. Herwig Trischler ist unser Experte für Allgemeinchirurgie.
Angenommen, Sie müssen eine junge Ärztin / einen jungen Arzt von der Allgemeinchirurgie überzeugen. Was hat Sie persönlich überzeugt, diese Fachrichtung zu wählen?
Schon vor Beginn meines Turnus war für mich klar, dass ich ein chirurgisches Fach erlernen möchte, gleichzeitig hatte ich aber auch immer eine gewisse Begeisterung für die Allgemeinmedizin. Die Allgemeinchirurgie war somit das perfekte Fach für mich. Das breite Betätigungsfeld macht mir besonders Spaß, auch wenn ich sagen muss, dass es sich mit der Zeit kaum vermeiden lässt, dass man sich in irgendeiner Form spezialisiert.
Was macht Ihrer Meinung nach eine gute Chirurgin / einen guten Chirurgen aus?
Man muss schon ein gewisses robustes Naturell haben um in diesem Fach zu bestehen und man darf sich auch nicht davor fürchten mal die Hände schmutzig zu machen – das meine ich im wahrsten Sinne des Wortes. 😉
Da wir teilweise mit schwerkranken Patienten zu tun haben, muss man auch ein großes Maß an Empathie mitbringen, was, zugegebenermaßen nicht allen Chirurgen immer leicht fällt. Natürlich ist ein Mindestmaß an manueller Geschicklichkeit von Vorteil und auch das solide Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten ist in vielen brenzligen Situationen notwendig.
Die Allgemeinchirurgie ist in der Bevölkerung vor allem für Routineeingriffe wie die Entfernung des Blinddarms oder der Gallenblase bekannt. Dabei hat ihre Fachrichtung Schnittpunkte mit vielen anderen Disziplinen. Welche Eingriffe und Aufgabenbereiche stellen hier eine besondere Herausforderung für Sie dar?
Genau wegen der Vielzahl an Schnittstellen gehört die Allgemeinchirurgie mit Sicherheit zu den Grundpfeilern eines jeden Spitals. Viele größere Operationen von anderen Fachrichtungen (z.B. Gynäkologie, Urologie…) erfordern regelmäßig unsere Mithilfe. Umgekehrt muss man aber auch erwähnen, dass auch große allgemeinchirurgische Eingriffe teilweise die Unterstützung von anderen Abteilungen benötigen. Die Zunahme dieser Interdisziplinarität und der gleichzeitige, generationsbedingte Wegfall der alten chirurgischen Generalisten wird in den nächsten Jahren sicher eine große Herausforderung für viele Spitäler.
Minimalinvasive Eingriffe wie die Laparoskopie haben viele Operationsverfahren revolutioniert. Wie wirkt sich dies auf Patientensicherheit und Komplikationsraten, aber auch auf die Indikationsstellung vor der OP aus?
Die minimalinvasiven Verfahren haben die gesamte Chirurgie in den letzten Jahren mit Sicherheit revolutioniert. Früher undenkbar, war mit einem Mal auch der Patientenkomfort ein entscheidender Faktor in der Wahl der Operationsmethode. Sowohl die Sicherheit, als auch der Komfort konnten bei vielen Eingriffen deutlich gesteigert werden. Ein weiterer Vorteil ist, dass diese Verfahren teilweise auch mit Trainingsgeräten simuliert werden können, was in Zeiten von streng regulierten Arbeitszeitgesetzen beinahe unumgänglich ist, um eine gewisse Routine zu erlangen.
In Zukunft könnte das Handwerk der Chirurgie zunehmend durch den Einsatz von Robotern unterstützt oder sogar teilweise ersetzt werden. Welche menschliche Komponente der Chirurgie halten Sie für unersetzbar und wie wird sich die Arbeit der ChirurgInnen verändern?
Ich glaube auch, dass Roboterchirurgie in den nächsten Jahren und Jahrzehnten eine große Rolle spielen wird. Ich bin aber auch überzeugt, dass ein Roboter nie einen Chirurgen ersetzen wird, denn oft müssen während einer Operation in kürzester Zeit wichtige Entscheidungen getroffen werden, die auch zu einem großen Teil auf der Erfahrung und klinischer Einschätzung des Operateurs beruhen. Aber, vor allem in Zeiten des chronischen Personalmangels könnte ich mir gut vorstellen, dass sie uns z.B. als OP-Assistenzen bald flächendeckend unterstützen. Eine spannende Möglichkeit ist sicher auch die (Roboter-)Operation durch einen Spezialisten der nicht mehr direkt vor Ort sein muss. Wie sich auch in diesem Punkt zeigt, ist die Allgemeinchirurgie ein großes, spannendes und modernes Fachgebiet und ich kann nur jeden interessierten Kollegen ermutigen sich darauf einzulassen.