Kardiologie
Insights

Interview – Unsere Expertin für Kardiologie

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Das Digitale Konsil von Diagnosia bietet ÄrztInnen im klinischen Alltag einen einfachen Weg, mit ExpertInnen verschiedenster Fachrichtungen zu chatten, um interessante Fälle zu diskutieren und sich eine Zweitmeinung einzuholen. In den kommenden Monaten werden wir euch bei Diagnosia Insights einige unserer KonsilärztInnen vorstellen und lassen sie ein paar spannende Fragen zu ihrem Fachgebiet beantworten. Dr. Alexandra Schratter ist eine unserer ExpertInnen für Kardiologie.

Angenommen, Sie müssen eine junge Ärztin / einen jungen Arzt von der Kardiologie überzeugen. Was hat Sie persönlich dazu bewegt, diese Fachrichtung zu wählen?

Die Kardiologie ist ein sehr abwechslungsreiches Fach, umfasst viele unterschiedliche Teilbereiche, sowohl invasiv als auch konservativ. Sie hat eine hohe Relevanz hinsichtlich der epidemiologischen Verteilung von Erkrankungen (siehe auch Frage 3).

Laut einer rezenten Statistik der Österreichischen Ärztekammer sind lediglich 38% der FachärztInnen Frauen. Was sehen Sie persönlich als Grund dafür und wo sehen Sie Potential, diesen Anteil zu erhöhen?

Zunächst brauchen Frauen meistens länger für die Ausbildung aufgrund von Elternkarenzzeiten und wählen daher die kürzeste Ausbildung mit Jus practicandi (Allgemeinmedizin). Als Allgemeinmediziner ist man auch flexibler hinsichtlich Arbeitszeiten und hat im niedergelassenen Bereich keine Nachtdienste, was bei Familie mit kleinen Kindern von Vorteil ist. Flexiblere Arbeitszeiten und ggf. frei wählbare Teilzeitmodelle (wie z.B. in der Schweiz) könnten Abhilfe schaffen und mehr Frauen für eine Facharztausbildung begeistern.

Kardiovaskuläre Erkrankungen sind weltweit die häufigste Todesursache. In der Prävention ebendieser spielen nicht nur Medikamente eine wichtige Rolle, sondern auch Lebensstilmodifikationen, die jeder selbst durchführen kann. Welche einfachen Maßnahmen haben hier einen besonders hohen Stellenwert?

Regelmäßige körperliche Aktivität, gesunde Ernährung, Stressbewältigungsstrategien.

Der Trend zur Selbstvermessung hat in den letzten Jahren beispielsweise durch Smartwatches deutlich zugenommen. Sehen Sie hier Chancen, in Zukunft etwa Herzerkrankungen durch die stetige Überwachung schneller zu erkennen? Oder vermuten Sie hier eher ein falsches Gefühl von Sicherheit, das PatientInnen vermittelt wird?

Dieser Trend fördert auf jeden Fall ein Gesundheitsbewusstsein und eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper, motiviert zu mehr körperlicher Aktivität und bewusster Ernährung und ist somit aus meiner Sicht sehr positiv.

Untersuchungen wie der Herzkatheter haben das Fach der Kardiologie um eine wichtige, interventionelle Komponente erweitert. Studien wie die rezente ORBITA-Studie lassen den Verdacht aufkommen, dass die Anwendung von invasiven Therapien dieser Art in manchen Fällen gar nicht notwendig ist. Sind Sie der Meinung, dass mit der Möglichkeit dieser Interventionen alternative Therapieansätze außer Acht gelassen werden?

Invasive Eingriffe in der Kardiologie/Rhythmologie sind eine große Bereicherung und ermöglichen therapeutische Optionen, die bei vielen Krankheitsbildern unerlässlich sind. Nichtsdestotrotz muss eine genaue Patientenselektion erfolgen und das Nutzen-Risiko-Verhältnis eines jeden invasiven Eingriffs abgewogen werden, um eine optimale Patientenbetreuung zu gewährleisten. Die Lebensstilmodifikation ist eine sehr wichtige therapeutische Zusatzmaßnahme, die bei jedem Krankheitsbild berücksichtigt werden muss.

Eines Ihrer Spezialgebiete ist die Rhythmologie. Wie hat sich die Therapie von Rhythmusstörungen in letzter Zeit verändert? Welche Entwicklungen finden Sie auf diesem Gebiet besonders spannend?

Das allgemeine Bewusstsein für rhythmologische Krankheitsbilder hat sich in den letzten Jahren deutlich geschärft, sowohl in der Bevölkerung als auch unter ärztlichen Kollegen. Insbesondere für herzgesunde, junge Patienten mit isolierten Rhythmusstörungen, wie Lone Atrial Fibrillation, typischen AV-Knoten-Reentry-Tachykardien oder idiopathischen Ausflusstrakt-Extrasystolen ist die katheterinterventionelle Therapie ein großer Benefit. Viele dieser Patienten wurden früher oftmals mit der Diagnose „psychische Probleme“ oder „Panikattacken“ abgestempelt. Zudem ist die Katheterablation bei den genannten Krankheitsbildern der medikamentösen Dauertherapie eindeutig überlegen. Mit der Implementierung von 3D-Mappingsystemen zur präzisen elektroanatomischen Darstellung von Rhythmusstörungen und Herzhöhlen sowie einer damit verbundenen Strahlenreduktion ist ein Meilenstein in der invasiven Elektrophysiologie erfolgt. Neuartige multipolare Mappingkatheter ermöglichen zudem eine noch präzisere Diagnostik und optimale Therapie.

Wir bedanken uns herzlich für die Beantwortung unserer Fragen! Dr. Schratter steht euch neben ÄrztInnen weiterer Fachrichtungen im Digitalen Konsil der Diagnosia-App zur Verfügung.