Chemotherapie
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Wie ein „Schwamm“ die Chemotherapie revolutionieren könnte

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Die Inzidenz von Krebserkrankungen nimmt weltweit zu. Dies ist vor allem auf die stetig steigende Lebenserwartung in der entwickelten Welt zurückzuführen. Dank rasanter Fortschritte in der Medizin weist die Mortalitätsrate von KrebspatientInnen hingegen eine sinkende Tendenz auf. Die Chemotherapie stellt bei einigen Krebsformen nach wie vor die Therapie der Wahl dar, um das Tumorwachstum zu bremsen. Um eine möglichst hohe Bioverfügbarkeit zu erreichen, werden Chemotherapeutika meist intravenös verabreicht und verursachen damit eine ganze Reihe an Nebenwirkungen.

Nebenwirkungen

Die unerwünschten Wirkungen einer Chemotherapie sind bei betroffenen PatientInnen besonders gefürchtet. Diese reichen je nach Medikament von Haarausfall über Erbrechen, Übelkeit und Durchfall bis zu schwerwiegenden Nebenwirkungen an Herz und Knochenmark. Zurückzuführen ist dies auf die Tatsache, dass die Therapie sich ungezielt gegen alle Zellen im Körper richtet, die sich besonders schnell teilen und vermehren. Die Dosis einer solchen Behandlung wird daher immer in Abwägung der systemischen Toleranz bestimmt.

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Lokaler Einsatz

Um diese Limitation zu umgehen und die Verträglichkeit einer Chemotherapie zu verbessern, haben sich Forscher der University of California (Berkeley) eine simple und deshalb so interessante Lösung überlegt. Um die systemischen Schäden der Therapie zu minimieren, machten sie es sich zur Aufgabe, das Medikament nur in einem sehr begrenzten Bereich des Körpers einzusetzen. Nämlich genau dort, wo sich der Tumor befindet. Selbst wenn das Medikament mithilfe eines Katheters „stromaufwärts“ des Tumors bzw. des betroffenen Organs in die Arterie eingebracht wird, geht oft mehr als die Hälfte des Wirkstoffes anschließend in den gesamten Blutkreislauf des Menschen über. Gefragt war also eine Möglichkeit, das Chemotherapeutikum unmittelbar „stromabwärts“ des Tumors in den Venen wieder aufzufangen.

Der Schwamm

Dafür entwickelten die Forscher einen Kunststoff-Zylinder, der in unterschiedlichen Dimensionen mit einem 3D-Drucker hergestellt werden kann. Dieser Zylinder weist eine dreidimensionale Gitterstruktur mit etwa 0,8 mm großen Öffnungen auf und wird mit Molekülen benetzt, die eine hohe Affinität für das getestete Chemotherapeutikum Doxorubicin haben und es irreversibel binden. Doxorubicin kommt beispielsweise bei der Behandlung von Leberkarzinomen zum Einsatz.
Der so hergestellte Zylinder wird ebenso mittels Katheter in den Körper eingebracht und im Abstromgebiet des Tumors positioniert. Im Tierexperiment zeigte sich bei Messungen vor und nach dem Zylinder eine Reduktion der Doxorubicin-Konzentration von rund 64%.

Großes Potential

Die Vorteile eines solchen „Medikamenten-Schwammes“ liegen auf der Hand. Durch die geringere, systemische Konzentration ist nicht nur eine Verminderung der Nebenwirkungen denkbar, sondern auch die Anwendung höherer Dosen, die besonders von älteren PatientInnen durch eine verminderte Leber- und Nierenfunktion sowie eine abnehmende Knochenmarkreserve sonst nicht vertragen werden. Die Autoren der Arbeit zeigen darüber hinaus weitere Möglichkeiten ihrer Erfindung auf. So könnte diese auch bei der Behandlung lokaler Infekte zum Einsatz kommen, wenn beispielsweise Antibiotika verwendet werden müssen, die besonders schädlich für die Nieren sind. Zudem ist mithilfe von CT/MRT-Bildern eine maßgeschneiderte Anfertigung des Zylinders im 3D-Drucker möglich. So ist eine perfekte Passform in der Vene gewährleistet.

Wir halten das für eine einfache, aber geniale Idee und sind auf die weitere Forschung in diesem Gebiet gespannt!

Quellen

1. Drug sponge could minimize side effects of cancer treatment

2. Hee Jeung Oh et al. – 3D Printed Absorber for Capturing Chemotherapy Drugs before They Spread through the Body